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BuchleinMaria und der SpötterIn 1962 Credo Verlag veröffentlicht die Übersetzung aus dem Englischen von Rudolf von der Wehd und Paul Zangers, inklusiv des Einführung von Weihbishof Fulton J. Sheen. In 1979 wurde die Autor übersetzte das Gedicht Maria und der Spötter [G145] selbst, und schrieb eine neue Einleitung und Vorwort. Die neue Fassung erscheint auf dieser Webseite. Maria und der SpötterNavigation durch Gedicht Abschnitt (gesetz etwa alle 100 Zeilen):
Einführung
von Weihbischof Fulton Sheen Natus ex Maria Virgine „Geboren aus der Jungfrau Maria." Dieser Satz ist die schlichte Bestätigung des Glaubens an den zeitlichen Ursprung der Menschheit Christi; als Sohn des lebendigen Gottes ist Christus von göttlicher und ewiger Natur. Aber wenn Christus, das Haupt des Mystischen Leibes, aus Maria geboren wurde, so ist es in einem minderen Grade wahr, daß jeder wahre Christ als ein Glied des Leibes auch aus ihr geboren ward. Das vorliegende Buch berichtet die Geschichte eines Mannes, der durch Maria zu Christus kam wie Christus durch sie zu uns kommt. Seine Geschichte in Prosa und Poesie erweist, daß eine Mutter die Pforte ist, durch die Gott zum Menschen kommt und der Mensch wieder zu Gott zurückkehrt. Maria ist kein Vorhang, vor dem das Auge der Seele in An betung verweilt; sie ist vielmehr das Fenster, durch welches das Licht zu uns kommt und durch welches unsere Augenden Himmel erklimmen. Wer sich nicht sogleich ihrem göttlichen Sohn unterwerfen will, den bedrängt und verlockt sie durch ihre Tugend und ihre strahlenden, verräterischen Augen, um ihn dann mit „verräterischer Treue und treuem Betrug" ihrem göttlichen Sohn auszuliefern. In der natürlichen Ordnung macht der Mann die Städte, das Weib aber macht den Mann. Der Mann lebt mehr für die Gegenwart, eine Frau aber bürgt durch Zeugung für die Ewig keit. Ein Mann fürchtet sich vor dem Sterben, eine Frau aber fürchtet sich vor dem Leben, wenn sie nicht unter dem Schutze Gottes ihren mitschöpferischen Kräften nachkommen kann. Auch in der göttlichen Ordnung wird die Frau, die für den Menschen die Ursachefür den Verlust Gottes war, in geziemen der Weise zu der Stellung erhoben, durch die der Mann seinen Gott wiederfindet. In der ganzen Welt gab es keinen größeren Akt der Freiheit als jenen Willensakt, da ein Weib den Vorschlag eines Engels erwog, sie solle Mutter des Messias werden und diesen Vorschlag dann annahm, als ihr kundgetan wurde, sie werde dennoch Jungfrau bleiben. „Mir geschehe nach DeinemWort", ist eines der drei großen Fiat des Weltalls. Die beiden andern waren: „Es werde Licht!", das bei der Schöpfung gesagt wurde, und schließlich: „Nicht mein Wille geschehe, sondern der Deine", das unter den Ölbäumen von Gethsemane gesprochen wurde. Der Verfasser des vorliegenden Werkes, der in seiner geistigen Einsicht noch nicht stark genug war, Christus als Erlöser anzuerkennen, glaubte, seine Freiheit zu wahren, wenn er nur die Schönheit des Weibes anerkenne. Aber auch sie macht die Männer zu ihren Sklaven, da sie ihn durch den Glauben an Christus den Lehrer, König und Priester an die köstliche Freiheit der Kinder Gottes „verkaufte". Man könnte fragen, warum der Verfasser dieses Buches, da er nun einmal durch eine Frau an den lebendigen Gott verraten worden war, sein poetisches Talent gerade um Unsere Liebe Frau von Fatima kreisen läßt, statt um den weniger verhängnisvollen Schwerpunkt ihrer Aufnahmeund Krönung im Himmel. Ich kann es nur vermuten, aber da ich sein Lebenkenne, möchte ich sagen, daß er, geläutert durch Leiden, Kummer und Verfolgung, am besten das christliche Geheimnis versteht, daß nämlich, gerade wie Schulden Zahlung erfordern, so auch die Sünden Sühneerheischen, sei es nun von seiten des Sünders oder von seiten jener, welche die Sünde als ihre eigene empfinden. Und gerade dies ist das Herzstück des Geheimnisses von Fatima. Die Offenbarung von Fatima gegen Ende des Ersten Weltkrieges verkündete, der Zweite Weltkrieg werde verhütet, wenn die Menschen durch Buße als Sühne für die Sünden der Welt zu Gott zurückkehren würden. In Fatima können wir uns die Mutter Maria vergegenwärtigen, wiesiedenArmihres göttlichen Sohnes zurückhält und Ihn bittet, Er möge nicht zulassen, daß die ganzen Folgen der Sünden der Welt auf eine schuldige Weltherabkommen! Ständig bittet sie ihre Verehrer, zu beten, zu sühnen, und zu leiden, damit kein weiterer apokalyptischer, selbstmörderischer Krieg hereinbreche. Der Verfasser dieses Werkes, der zusehen mußte, wie sein Volk gleich einem Brandopfer im Feuerofen verbrannt wurde und der sich selbst im schmutzigsten Schlamm der Westfront von Granatloch zu Granatloch geschleppt hatte, da die ganze Hölle über ihn losgelassen war, kam zur Erkenntnis, daß in mancher Hinsicht das Leid eine Seele nicht nur verhärten und verbittern, sondern auch läutern kann, so daßsie sich in ihrem, von allen materiellen Dingen entblößten, freien Zustand durch ein Kreuz Jenem entgegenstreckt, Der am Kreuze hängt. Für eine solche Seele hat die Botschaft von Fatima eine herz zerreißende Mahnung, denn sie zeigt, daß Leidenund Schmerz, zwar nicht notwendigerweise in derselben Person, sondern in der Welt mit Schuld verknüpft sind. Wie das Blut eines gesunden Menschen in die Adern eines Blutarmen übertragen wird, um ihn von seiner Krankheit zu heilen, so auch bedarf es der Gebete der Glieder desMystischen LeibesChristi, um die Schuldigen der Welt zu retten. Fatima verkündete nur von neuem das Gebot des heiligen Paulus: „Einer trage des andern Last." Die verderbte Natur der Menschheit kann mit einem Schwamm verglichen werden: sie ist eine Mischung von Sein und Nichtsein. Je mehr Gutes ein Mensch tut, desto mehr vergrößert er seine Gottähnlichkeit und sein Sein. Je mehr Böses er tut, desto mehr entfernt er sich von Gott, das heißt, er kommt dem Nichts immer näher. Das Böse ist den Löchern im Schwamm zu vergleichen; es ist eine Nichtfülle, eine Leere. Wenn der „Schwamm" noch existiert, so deshalb, weil noch feste Teile vorhanden sind, denn der Mensch hört nie auf, Sein und Unsterblichkeit zu besitzen. Das Böse istdas Nichtseiende; es istdie Verderbnis des Seins, eine Unordnung, eine Überspanntheit, die Beraubung des Seins. DieSünde ist eine Tat, das Leiden ist ihre Reaktion. Wir erzeugen die Sünde durch einen innerlichen freien Akt, aber Chaos, Krisen und Kriege, die aus ihrhervorgehen, treffen uns von außen. Um diese äußeren Erscheinungen der Sünden der Welt zu verhüten, forderte Unsere liebe Frau von Fatima, die guten Seelen sollten verstärktes geistliches Leben auf andere übertragen, wie die Ärzte Haut auf verbrannte Stellen übertragen. Heiligkeit ist mit dem Bösen unvereinbar, und doch erträgt sie alles mit Geduld. Im Verein mit heroischen Anstrengungen zur Reinheit haben die Guten ein unbegrenztes Mitleid mit dem Bösen. Gott wünscht nicht den Tod des Sünders, so sagt uns die HeiligeSchrift, vielmehr soll sich der Sünder von seinen bösen Wegen abwenden und soll leben. Das ist der laute Ruf Mariens in Fatima. Betrübt, aber nicht verzweifelt über das Böse, kannder Gute das Übel wiedergutmachen. Da das moderne Übel innerlich ist, bedarf es einer geistigen Verinnerlichung des Lebens, um eine Besserung herbeizuführen, und gerade dazu fordert uns der Posaunenschall Unserer Lieben Frau auf! Klug und deutlich legt der Verfasser seinen Finger auf das Tagesproblem Nummer 1: „Stirbt der Mensch, seine Seele oder seine Schuld?" Er beantwortet diese Frage mit dem Gebet, das ein jeder auf seinen Lippen haben sollte: „Laß mich nicht sterben in meinen Sünden!" Die Sünde kann der Mensch zwar leugnen, aber erkann nicht die Wirkungen der Sünde leugnen. Er kann über das Gesetz der Schwerkraft lächeln, aber wenn er sich von der Zinne des Tempels herabstürzt, kann er nicht den Folgen seines Leugnens entgehen. Maria wußte von allen Frauen, was Schuld und Sünde wirk lich sind, denn sie-sah ihre Folgen an ihrem göttlichen Sohn. Nur der Unschuldige wie Maria kennt das Böse; niemals aber der Sünder, denn die Sünde wird so sehr zu einem Teil des Sünders, daß er nicht immer imstande ist, ihre Häßlichkeit zu sehen, geradeso wie ein Fieberkranker so vor Fieber brennen kann, daß er sich einbildet, gesund zu sein. Diese .Frau, die am Fuß des Kreuzes stand, sah Krieg, Selbstsucht, Begierde, Haß, Bigotterie und Wollust in die Hände und Füße ihres göttlichen Sohnes eingezeichnet. Auf Seinem Leib war die Geschichte der Auflehnung des Menschen gegen Gott eingeschrieben. Sie sah, wie der Stolz Dornen flocht und ruch lose Liebe seine Seite durchbohrte und Gotteslästerung seine Lippen mit Galle tränkte und der Geiz seine Hände annagelte. Niemals konnte sie die Erinnerung an die Geschehnisse jenes Tages vergessen. Und jetzt, 1900 Jahre später, erscheint diese Frau, die am Fuß des Kreuzes stand, wiederum in der Welt, um ihr zu verkünden, daß ihr Sohn von neuem von denen gekreuzigt wird, die Ihn lieben; deshalb der Ruf an die Menschen: „Betet, sühnt und büßt!" Der Verfasser, ein Nichtkatholik, kam durch eine Frau zur vollenErkenntnis des Geheimnisses der Erlösungdes Menschen in Christus; er hielt sie zunächst für weniger als eine Frau, bis ihm durch die Gnade die volle Erkenntnis aufging, daß sie das Ziborium ist, das am Weihnachtstage die Hostie enthielt, die der Gast der Welt und der Sohn des lebendigen Gottes ist, und daß durch diese Frau ein Mensch wiedergeboren werden kann. Der Herr hat gesagt, daß, wenn wir nicht wiedergeboren werden, wir nicht in Sein Reich eingehen können. Kann aber ein Mensch ohne eine Frau wiedergeboren werden? Natus ex Maria Virgine.
Einleitung
von Wilhelm Hermanns Eine Herausforderung an die Vernunft Das Gedicht "Maria und der Spötter", mit Vorwort etwa 30 Seiten, ist eine Herausforderung an den dreidimensionalen Menschen, der nur das glaubt, was er sieht, hört und fühlt. Dass die Widerlegung auf religiösem Gebiet stattfinden sollte, ist im Sinne der Synchronizität Carl Jungs kein Zufall. Als ich, jüdisch erzogen, mit sieben Jahren meine Mutter verlor, zeigte mir eine katholische Frau die Gipsfigur der Muttergottes: "Willi, sie wird mal deine Mutter werden." Diese Maria erschien als Zeitungsartikel fünfzen Jahre später in französischer Kriegsgefangenschaft und später, als ich ein Hitlerflüchtling in Portugal war, in Form von Zeugen, die sich an das Sonnenwunder von 1917 errinerten. Diesem bedeutungsvollen Zufall im Portugal 1934, sollte fünfzehn Jahre später ein anderer folgen, in Form einer Gipsfigur in einer Kirche in San Jose, Kalifornien. Als ich an der Figur vorbei ging, schien sie eine Sekunde lang lebendig zu werden, und ich hörte auf Englisch die Worte: "Gehe nach Hause und bereue.“ So kam das lange Gedicht zu stände, worin ich den dreidimensionalen Intellekt, der überdimensionalen Intuition gegenüber stelle, um zu beweisen, dass metaphysische Einwirkungen ihre Bedeutung haben. Der Inhalt meines Gedichtes wird in der Zeile ausgedrückt: Ich wollt' die Trauerrede für das Wunder schreiben. Jetzt schreib' ich sie für die Vernunft. Obschon Erzbischof Fulton Sheen dem Gedicht in englischer Sprache ein Vorwort gab -- das einzige, was er in seinem langen Leben geschrieben hat -- möchte ich doch den Leser darauf hin weisen, dass ich das Gedicht nicht als hohes Lied für den Katholizismus geschrieben habe, sondern als Einladung für den rational denkenden Menschen die dreidimensionale Isolation zu brechen. Nur dann entdeckt er sein wahres Ich und denkt kosmisch. Das Gedicht mit Vorwort und Einleitung, Mary and the Mocker, hatte vier Auflagen beim Our Sunday Visitor Press, Huntington, Indiana (©. 1955). Es erschien 1962 in gekürzter Übersetzung beim Credo-Verlag, Wiesbaden. Ich habe dann das Gedicht von Grund auf neu in deutscher, meiner Heimatsprache geschrieben. Wilhelm Hermanns Juli 1979 Vorwort
von Wilhelm Hermanns Als Waisenknabe suchte ich Zuflucht bei einer armen Schusterswitwe, der Mutter meines Kindermädchens, da ich die Stiefmutter als Ersatz für meine Mutter ablehnte. Die alte arme Frau schob mir eines Abends, als ich nicht nach Hause gehen wollte, ihre Gipsfigur der Mutter-Gottee hin mit den Worten: "Geh‘ getrost nach Hause, sie wird einmal deine Mutter sein!" Die große Gipsfigur im blauen Mantel ist längst durch die Bombenangriffe des Jahres 1944 auf Koblenz in tausend Stükke zerbrochen, nicht aber das, was sie darstellte; die Mutter eines Judenkindes, das Jesus hieß. Ich habe wahrscheinlich so wenig wie Du, lieber Leser, an ein Eingreifen ausanderen Sphären - oder soll ich sagen Geisterwelt? - geglaubt, geschweige denn daran, daß die Worte der alten Schusterswitwe, die längst gestorben war, auf mich ein wirken sollten. Zudem war ich nicht katholisch. Da geschah es, daß ich im 1. Weltkrieg, an dem ich als Kriegsfreiwilliger teilnahm, in französische Gefangenschaft geriet und noch einmal mit der Mutter-Gottes konfrontiert wurde. Fern in der kalten Auvergne, wo wir Kriegsgefangenen, Torf stechen mußten, schlich eines Abends ein Mitgefangener in der Baracke mit einer Zeitung und einer Kerze in der Hand an mein Bett, weckte mich und bat, ihm einen Artikelzu übersetzen. Es war eine Zeitung aus Limoges, die über die Geschehnisse in Fatima, einem Dorf in Portugal, berichtete und eine Fotografie über das Sonnenwunder zeigte. Als ich anfing zu übersetzen, kamen noch mehrere andere Kameraden aus ihren Betten herbei und hörten zu. Gegen diesen Bericht über die Erscheinung der Mu'.ter-Gottes bei drei Bauernkindern sträubte sich aber so sehr mein Inneres, daß ich trotz aller Bitten abbrach, die Zeitung auf den Boden schleuderte, mich umdrehte und weiter schlief. Das war im Jahre 1917. Das Schicksal wollte es, daß ich 17 Jahre später als deutscher Flüchtling in Portugal weilte und von dem heiligmäßigen Sterben von Francis und Jacinta erfuhr, zwei jungen Zeugen der Erscheinung, an denen sich das Versprechen der Mutter-Gottes zu erfüllen schien. Ich lehnte es ab, mich trotz vieler Einladungen nach Fatima zu begeben, um die um laufenden Gerüchte über die dort geschehene Heilung nachzu prüfen. Das grausame System, das sich in Deutschland anbahnte und an dem die katholische und protestantische Bevölkerung mitwirkte, nahm jedem "Nichtarier" die Lebensgrundlage. Doch nicht nur das. Ich gehörte der Liga für Menschenrechte an und stand auf der Ges£apo-Liste. Ich hatte fliehen müssen, war verbittert und heimatlos. Meine Skepsis Jesus und seiner Mutter gegenüber wuchs. Doch Fatima sollte mich wei ter verfolgen. Mehr als 30 Jahre nach der Erscheinung in Portugal bat mich ein Prälat in San Jose. (Kalifornien) , mit dein ich öfter wegen Erziehungsfragen zusammenkam, abends in seine Kirche zu kommen, wo ich die Statue der Mutter-Gottes, die in Fatima nach Angaben der noch lebenden Zeugin Lucia angefertigt worden war, sehen könne. Aus Höflichkeit ging ich hin. Die Kirche war überfüllt, und da ich mit dem Knien, Stehen und Bekreuzigen nicht vertraut war, wurde ich von eifernden Frauen noch vor Beginn der Andacht beim Prälaten als Kommunist angeprangert, der die Statue zerstören x^olle. Damals waren die Zeitungen durch die McCarthy-Verhöre voll von antikommunistischer Propaganda. Der Prälat beschwichtigte die Frauen. Kurz darauf - noch während der Feier - wurde ich noch einmal herausgefordert, diesmal aber nicht von Menschen, sondern von der Statue. Als ich im Menachenstrom an ihr vorbeidefilierte, war es mir, als ob sie für einen Moment lebendig würde, und ich horte die Worte: "Geh‘ nach Hause und bessere Dich!" Ich war so verblüfft, daß ich noch lange nach der Feier vor der Statue verweilte, sie betrachtete und überlegte, ob ihre Bewegung etwa den Lichtreflexen aus den bemalton gotischen Fenstern - vormischt mit dorn Flackern der Kerzen - zuzuschreiben sei. Da schoß aber ein anderes Wort wie eine Eingebung durch meinen Kopf: "Laß‘ mich nicht sterben, O Gott, nicht sterben, O Christus, O Maria, nicht sterben in meinen Sünden!" Mein Denken war für diese Einmischung nicht vorbereitet. Auch hier hatte der auf den Straßen sichtbare Katholizismus mich hart gemacht. Wenn ich als Kind die Pilger von Lourdes in Prozessionen zurückkommen sah, beladen mit Behältern von Lourdes-wasser, und keine Schwindsucht, kein Buckel und kein Asthma war von ihnen genommen, da hatte ich nur Verachtung für die sen"Aberglauben" . Wenn sich aber schon seit frühester Jugend Abneigung gegen die Marienverehrung angestaut hatte, so kann das Unterbewußtsein als psychologische Erklärung für eine innere Stimme nicht herangezogen werden; sie mußte ihren Ursprung nicht in mir, sondern außerhalb von mir haben. Um nun der untragbaren Konsequenz zu entgehen, meine Nachforschungen auf das Gebiet der katholischen Religion zu konzentrieren - ich war Soziologe - richtete ich mein Augenmerk auf mich selbst und entdeckte, daß solche Stimmen vielleicht von meinem Gewissen herrührten, das von einer äußeren Kraft aufgerüttelt worden war. Hatte ich nicht 1917 den ausgehungerten und trostbedürftigen Kameraden in der Kriegsgefangenschaft die letzte Hoffnung ihres religiösen Glaubens genommen, als ich mich weigerte, ihnen den Bericht über die wunderbare Erscheinung der Mutter-Gottes in Fatima zu übersetzen? Hatte nicht die Schusterswitwe mir als Kind auf die Statue deutend schon prophezeit: "Willi, die wird einmal Deine Mutter werden!" Aus dem Instinkt der Selbsterhaltung heraus fühlte ich, daß ich Ehrfurcht vor dem Unbekannten haben müsse, um nicht feurige Kohlen auf meinem Haupt zu sammeln. Der Stimme meines Gewissens folgend, schrieb ich 1950 ein Gedicht in englischer Sprache "Mary and the Mocker", zu deutsch "Maria und der Spötter". In diesem Gedicht versetze ich mich in die Rolle eines Ungläubigen, wenn nicht gar Kommunisten. Das Verhalten von Kommunisten hatte ich an Zeitungsberichten und Dokumenten studiert. Viele von ihnen waren als Berichterstatter in Fatima, um die angekündigte Erscheinung als Hirngespinst von Kindern zu entlarven, wur den aber angesichts des Sonnenwunders zur katholischen." Kirche bekehrt. Das Gedicht veranlaßte Erzbischof Fulton Sheen, wie, er mir sagte, seinen Vorsatz, nie ein Vorwort für andere zu schreiben, zu brechen und für mein Buch ein Vorwort zu schreiben. Ich folgte seinein Rat und fügte eine Einleitung hinzu, wie es zu dem Gedicht kam. Das Büchleinwurde nach vier Auflagen nicht mehre gedruckt, weil der große katholische Verlag "Our Sunday Visitor" seit dem II. Vatikanischen Konzil keine Marienbücher mehr verlegte. Der deutsche Credo-Verlag in Wiesbaden, dem ich eine Übersetzung des Gedichtes anbot, das Buch nur einmal aufgelegt. So lag das Büchlein viele Jahre in meiner Schublade. Da geschah es, daß Kenneth Norton, Diplom-Ingenieur an der Universität Stanford (Kalifornien) und seit acht Jahren mein Assistent, nach dem Lesen dieses Buches mich drängte, angesichts des immer weiter um sich greifenden Materialismus, das Buch der besonders in Deutschland gefährdeten Jugend, deren Eltern Hitler und Auschwitz erlebten, und die selbst den Terror von Anarchisten erleben, anzubieten, um das kosmische Bewußtsein im Menschen zu fördern und damit ein Zeugnis abzulegen für die geistige Existenz des Menschen, die weit über die dreidimensionale Existenz hinausgeht. Ken meinte, mein Erlebnis mit der Mutter-Gottes sei um so über zeugender, da ich von Kindheit an als Nichtkatholik und Waisenkind gleichsam von ihr verfolgt worden sei. Er erachte es als sittliche Pflicht, der so heimgesuchten deutschen Jugend, gleich ob katholisch, protestantisch oder ungläubig, einen Ausweg aus diesem den Glauben erdrosselnden Materialismus zu zeigen. So sah ich, wie ich plötzlich, trotz meines hohen Alters, moralisch gezwungen war, wieder die deutsche Sprache zu benutzen, in der ich wohl in meiner Jugend mehrere 100 Gedichte geschrieben hatte, die ich aber dann doch durch die englische Sprache ablöste. Denn ich hatte ja der Widerstandsbewegung gegen Hitler angehört und mußte, um mein Leben zu retten, 1934 nachts über die Grenze flüchten. Konnte ich der modernen Nuancen der deutschen Sprache gerecht werden, in deren Sprachgefüge sich die Umwälzung infolge des Zusammenbruchs der Nazi-Herrschaft widerspiegelt? Im Jahre 1977 kam ich als Gast der deutschen Bundesregierung und durch die Vermittlung des Bundespräsidenten Walter Scheel mit deutschen Jugendgruppen in Verbindung, deren Ausdrucksweise und Reaktionen ich bei manchen Gelegenheiten studieren konnte. Ich schrieb ein ganz neues "Maria und der Spötter", losgelöst von der alten Übersetzung. Hier hatte ich das Glück, von einem Bonner Primaner, der Theologie studieren möchte, namens Karl-Josef Diehl angespornt zu werden, so daß ich wieder jung wurde und deutsch fühlte wie er. All der Hohn und die Gefühle intellektueller Überlegenheit, die ich als Jugendlicher empfunden hatte, wenn die Buckligen, Schwindsüchtigen und Lahmen ungeheilt von Lourdes wiederkommen sah, lebte in mir auf, zugleich aber auch die Ehrfurcht vor dem Unergründlichen, vor dem kosmischen "Nagen" Mariens in meinem Bewußtsein, aber jetzt in der Sprache des jungen Deutschland. So biete ich das Büchlein den Deutschen, besonders der Jugend, an und beende meine Einleitung mit einigen Zeilen, die ich nach dem Erlebnis des Sonnenwunders geschrieben hatte:
Mensch
Wo kommt der Mensch her, wer hat ihn gezeugt? Was hält ihn aufrecht, was macht ihn gebeugt? Ich weiß es nicht. Wo ist sein Anfang, hat er je ein Ende? Nimmt ihn die Vorsehung in ihre Hände? Wer hält Gericht? Hält ihn das Karma fest mit eisernen Zangen? Ist er von düsterer Leidenschaft gefangen? Was macht ihn so verderbt? Und was er anfaßt, wird es Gold, wird's Blei? Ist seine Liebe echt, ist's Tändelei? Ist es vererbt? Sind Abgeschiedne in ihm mächtig? Ist er geisterträchtig, Im Bündnis mit dem Bösen? Ist er ein Teil von höhren Dimensionen? Und Engel bei ihm wohnen, Die ihn erlösen? Mensch - ein Geheimnis ist dein Name, Unendlichkeit formt dein Gesicht. Du säst, Unendlichkeit dein Same, Ehrfurcht, gib mir Licht! Wilhelm Hermanns [G256]
1.
Maria und der Spötter Die Mär von Fatima - zum Lachen und zum Weinen. Mittags um 12 soll eine Frau erscheinen Auf einem Baum im Wolkehkleid, Die biblische Maria sei's, so geht die Mär, Die Frau von Joseph, Jesu Mutter. Sie ist zweitausend Jahre tot; Doch hätt‘ das Jenseits öfters schon verlassen - Erschien in einer Felsengrotte und in einer Klosterzelle - So läuft die Religion wie eine mächtige Welle Von Bethlehem zu den Altären, Der seligen Jungfrau hochgeweiht. Ob sie mir wohl verzeiht, Wenn ich nicht geh' zu jenem Baum? Wo tausend sind, da paßt nicht mein Gesicht, Besonders nicht, wenn's aus der Wolke spricht: „Ich bin Maria." Auch ist mein Horizont beschränkt. Philosophie und Logik meine Stärke, In Religion bin ich gedankenleer. Und wo der Glaube an Maria wesentlich, Da ist unwesentlich so eine Null wie ich. Ich bleibe hier und laß' dem Glauben seinen Frieden. An meinem Fenster strömt das Volk vorbei zum Stelldichein, Das unsere Wolkenfrau geruht zu geben - Und wer kommt da? - Der fette Gipsfigurenmann, Ihm spukts wohl im Gehirn. Die arme Jungfrau gipste er süß-widerlich wie eine Dirn‘, Geschminkt und kitschig. Jetzt wird sie wohl in seinrni Laden Mit einem wolkigen Fuß erscheinen. Soll ich lachen, soll ich weinen? Der Glaube ist ein gut' Geschäft, Die Wissenschaft geht betteln. Im nächsten Leben mache ich auch Gipsfiguren - Der Anregung gibt's ja genug. Die jungen Bauernburschen, Die da vor meinem Fenster rennen: Arme Dame, was da alles kommt, Um auf die Knie zu fallen! Ave lallen Und Sünden bekennen - Am liebsten möchte ich mitrennen, Und geruhst Du zu erscheinen, Mit dem Finger auf sie zeigen. Doch es geziemt sich einem Mann wie mir - zu schweigen Jetzt rennt die fette Nachbarin vorbei - So eine Wutz vor Deinem Baum zu haben. Hat zwei Männer schon begraben. Und sieh, sie kommt auch nicht allein: Ihr junger Freund, ein Weinsäufer, kommt mit. Der Himmel dürfte beiden sicher sein. Lauft hin, lauft hin! O Glaubensgewalt! Sie schaukelt im Zweig, Die hehre Gestalt. Lauft hin, lauft hin! Schlagt euch an die Brust! - Und nachts dann zum Ausgleich Die Fleischeslust. Jetzt ziehen zwei Soldaten einen Handwagen vorbei; Drin sitzt die alte Metzgersfrau - gelähmt. Haben sie nichts Besseres zu tun? Portugal ist doch im Krieg, Betet euren Rosenkranz, Singt ein Mutter Gottes-Lied! Junge Männer betet, Stählt euch für den Waffentanz! Was euch dann entgegenzieht Im Feindesland zertretet! Da läuft mein Jugendfreund. Ein Frauenverächter. Möchte Priester sein. Ein Wunderbub schon in der Schule. Verwandelt Wasser stets zu Wein. Vielleicht wird ihn die Jungfrau nüchtern machen? Ging' ich nur mit - da gab' es was zu lachen! Ein Herr kommt hoch zu Pferd Und eine edle Dame hinterher im Wagen. Ihr Kopf ist tief gebeugt - Trägt ihre Demut so zur Schau, Verkündet das der Masse doch: So demütig trag auch du dein Joch! O dieser Glaube! Ist je die Wissenschaft so herausgefordert worden? Als Kind schon bäumte ich mich auf. Nach Lourdes wallfahren sah ich sie: Die keuchend-bucklige Marie, Der schwindsüchtige Schusterssohn Und der hinkende Bauer Schippen. Sie kamen zurück in Prozession, Das Ave auf den Lippen. Der Buckel blieb hinten, Das Hinkebein zuckt, Die Schwindsucht schminkt rot Die Backe und spuckt. Nach Lourdes zur Heilung sind sie gehetzt. Die heilige Quelle hat sie benetzt, Die Jungfrau hat über dem Wasser geschwebt, Doch niemand hat ein Wunder erlebt. Könnt' ich mich an der Dummheit rächen, Ich würde Kopernikus heiligsprechen. Hieß es doch einmal, die Erde dreht sich nicht! Und das aus unfehlbarem Munde! Armer Glaube, heut' schlägt deine Stunde. 2. Die Menschentriebe, Dem Ich verwoben, Sind vom Karma verteilt. Nie hat religiöse Liebe Ein Karma aufgehoben Und das Ich geheilt. Stand' ich am Baum, Ich sprach vom Karma - Weh' dann dem Wolkentraum! Wer läuft an meinem Haus vorbei? Sieh da, sieh da und ei, ei, ei. Drei Kinder - es sind sie: die Seher. Lucie und Jacinta, weiß gekleidet, Und der Bub, Francisco, auch schon Bekenner Und kaum drei Käse hoch. Die schwarze Jacke ist geflickt. Heil euch Annen: Die Jungfrau hat Erbarmen. Man muß sich fragen: Ist's nicht sonderbar, Daß sich die Mutter Gottes ihnen zeigt, Die nichts verstehen als die Stimme ihrer Schafe, Mit einem Denkkreis, der so dick und rund wie der Eßtopf und der Mutter Mund. Das Aveleiern ist für Bauern Ein langweiliger Zeitvertreib, Überliefert von der Tradition. Sie leiern es mit ungewasch'nem Leib - Und mehr noch - auch mit ungewasch'ner Seele. Sie saufen, schlagen ihre Frauen. In Wut sie mit dem Messer stechen. Stand' ich am Baum, ich würd' zu ihnen sprechen: Ihr Heuchler, geht zur Deichte, rasch wird euch vergeben, Geht dann nach Haus1 und frönt dem gleichen Leben! Als Kind besuchte ich den Gärtner. Er lag im Bett, war krank, Ich brachte ihm den Lohn. So ein Gestank! Hatt' sein Bein aus dem Bett gestreckt, Verkrustet und verdreckt. Und vier Kinder hockten Mit der Mutter in der Stube. Das Fluchen, wenn er trinkt, Das hört man meilenweit! Für's Wirtshaus hat er sonntags Zeit. Jetzt neben seinem Bett steht eine Gipsfigur, Ein Rosenkranz hängt dran. Arme Mutter Gottes, armer Mann! Maria, Mitleid habe ich mit Dir - Was für ein Pack da kommt, Dich anzubeten! Ich kenne sie. Denn Fatima ist klein. Sind wen'ger Menschen als Vieh. War' es nicht ziemender, Du kämst zu mir herein? Man sagt, daß Du erhaben bist Und die verschlagene Erhabenheit. Wie war' es, wenn Du kämst Und sprächest so: "Mein lieber Wissenschaftler, Ich bin froh, Mich mit dir zu unterhalten. Brauchst die Hände nicht zu falten. Und blicke doch jetzt unverwandt Auf meine Wolkenhand. Den Zauberstab werd' ich jetzt zücken, Und wer da läuft mit Farben schmücken - Sonnengold und himmelblau." Maria, solche kloine Schau Vorm Fenster wird mich überzeugen Und meine Logik beugen. Ich will mich bescheiden, Zerwürfnisse meiden. Ich habe Geduld. Auch das kleinst Zeichen Würde mich erweichen - Gewähr mir die Huld! Der kleinst Schimmer In meinem Zimmer, Dir sei die Wahl. Nimm Deine Zauberhand, Belebe die Bücherwand Mit einem Strahl. Nur einen Schimmer, einen Schein Auf meinen Aufsatz auf dem Tisch - Und ich will glauben. Ich bin nur ein geringer Wurm Und möcht' vor Dir im Staube liegen. Ein Freund von mir, durch geist'ge Kraft, Kann Stahlstangen verbiegen. Im Haus stehn alle Uhren still, Wenn er nur will. 3. Ich will mich heut' mit Dir befreunden, Das kleinste Wunder soll genügen. Was dann die Seher uns erzählen, Ich straf sie nicht mehr Lügen. Da auf dem Kirchturm sitzt ein Rabe. Hörst Du, wie er krächzt? Laß ihn einmal nur an meine Fenster klopfen! Auch der Wissenschaftler lechzt Nach dem Verständnis für das Unsichtbare. Manches läßt sich nicht mit Maßstab messen, Manches wiegt sich nicht wie eine Ware. Wir leben ja im Zeitalter der Relativität. Oder ist's für mich zu glauben schon zu spät? Bemüßige den Raben herzufliegen, Und Du sollst siegen. Draußen nähen Regenfäden die Dächer an die Wolken An meinem Fenster peitscht der Wind. Jetzt ist der Rabe fortgeflogen - Vielleicht zu Lucie? Armes Kind! Das Wunder ist ein winziges Stück der Bibel. Und was bleibt uns zurück, Wenn sie erschienen? Die Kirche predigt tausend Jahre über sie, die Wunderbare, Und wird ihr dienen. Drum Lucie, steh am Baum Und prophezeie! Gib dem Namen Fatima Die heilige Weihe. Wer singt denn da? Es ist die Prozession. Voran die weiße Fahne Mit ihrem Bildnis, blau und gold, So herrlich, so leutselig hold. Es schlingt ein blaues Band Sich um den Hals der Frauen; Sie tragen ihren Sonntagsstaat. Maria, nimm es mir nicht übel, Doch wenn ich diese Fahne sehe, Erschaure ich mit Wehe! Man gab Dir die Ehre, Daß Dein Segen sich vermehre. Was hat die Fahne uns gebracht? Den Dreißigjährigen Krieg entfacht. Sie zog im Kreuzzug auch voran. Wer ist jetzt dran? Die frische Saat geht heute auf beim Baum Mehr Lebensraum, mehr Lebensraum! Arme Mutter, tust mir leid! Sollte nicht die Liebe wohnen In allen Nationen? Sieh, die Doppelzüngigkeit! Feind und Freund im Krieg Beten um den Sieg Zu Dir, die Wunder tut. Die Fahne weht im Wind. Die Deine Kinder sind, Wälzen sich im Blut. Doch Dein Antlitz zieht voran. Aus dem Sohn wird bald ein Mann, Und gesegnet wird die Bahre. Deine Fahne - tausend Jahre Weht durch Sturm und Nacht. Das Wunder ist vollbracht: Was Du gesät an Liebe, Hat stets der Krieg geschmäht. Kehr um, kehr um! Ich, der Wissenschaftler, mein' es gut, Sei auf der Hut, bleib stumm! Dummheit, Frechheit, zwei Genossen, Schmutz entsprossen, Gehören zusammen Wie das Huhn zum Hahn; Sind treu, bereit zu schwören, Maria hat Wunder getan, Und die Welt steht in Flammen. Ich bin Dein Freund, Maria, Und möchte ohne Glauben zu Dir sprechen: "Das ist die Soziologie des Seins: Haß läßt sich von der Kirche nicht bestechen. Bleib in Deiner Wolkentruhe! Wo keine Fahne, da ist Ruhe. Haß und Liebe, schöpferische Mächte, Sind keines Aberglaubens Knechte. O Wissenschaft, wer dich verachtet, Ist umnachtet." 4. Ein Bursche läuft vorbei. Er ist mir wohlbekannt. Ignazeo, nach dem Heiligen, genannt. Hat sich als Schulkind oft gerauft, Ein Huhn gestohlen und verkauft. Und dieser Balg, er wagt es und bleibt stehen Seine frechen Augen sehen In mein Fenster. Fuchtelt mit dem Rosenkranz. Seh' ich recht? Er winkt. Denkt er, ich komme mit - Mit ihm, der doch vor Dreck und Lügen stinkt? Er presst seine Nase platt ans Glas. Ich geh' zur Tür. Er merkt's, haut ab - Nein, bleibt drei Schritte weiter stehen. liebt den Rosenkranz nochmal Und grinst mir ins Gesicht, Die barfüßige Spottfigur. Es gibt Menschen, die haben ihre Sicherheit verloren; Er durchs Gefängnis, und hat mich erkoren, Sich zu .bestätigen. Er steht und grinst. Diese Dreistigkeit, was steckt dahinter? Dieser Mut, wetzt seinen Glauben An der Härte meines Unglaubens, Läuft bis zur Ecke, dreht sich nochmal um, Sein Blick - ist's Mitleid oder Hohn? Lall nur dein Ave, lieber Sohn! Maria wird für dich im Baum erscheinen. Oder ist's die kleine Seherin im schwarzen Haar, Daß du hinläufst auf den langen Beinen? Hol ein die Frauenprozession und sing dein Lied! Zieh hin zur Mulde, wo die Eiche steht, Von Weibern angesteckt. Der Glaube muß durchs Sumpfgelände des Frauenhirnes waten, Ein Gramm Vernunft ist mehr wert Als ein Kilo Glaube. Zieht hin und küßt der Dame ihren Wolkensaum - Träumt in Gottes Namen euren Traum! Ich schließ' die Tür und setz mich wieder, Mir ist's so schwer als trüg' ich ein Gewicht. Steh auf! Der Bursch', da ist er wieder, Ich seh' im Glas sein frech' Gesicht. Der Bursch' ist fort und hat mich längst vergessen. Bin ich es nur, ist Fatima besessen? Wie dem auch sei, ich will ein Zeuge sein: Komm Feder,schreibe! Du wandelst Wasser nicht in Wein. Ich, kommt der Bursch' zurück, Drück' das Papier in seine Hand. Kann er nicht lesen, hat er:.doch ein Ohr. Ich lese es ihm vor. Ich bin Erzieher, treu will ich mir bleiben: Feder, du mußt schreiben! Ein heiliger Ingrimm soll mich fassen, Ein heiliger Haß soll hassen. Wehe Fahne von Spanien her ' Bis Deutschland und zum Mittelmeer! Kreuzzug, heiliges Morden, Mit dem Ave wird gesät, Frauen, Kinder hingemäht Von Mannen aus dem Norden. Der Tod baut einen tiefen Schacht In Deutschlands dreißigjähriger Nacht, Baut-mit Glockengeläute. Häuser, Stühle werden leer, Bald gab's keine Menschen mehr; Das Ave machte Beute. Hand, schreibe dein eigenes Erleben! Mach die Frommen beben! Da kommt die Frauenprozession, Tragen den Marienorden Am blauen Band. Sah sie - bereit zum Morden - Als Kind im Rheinischen Land. Es hieß, Franzosen seien eingedrungen. Da sah ich unsere Gärtnersfrau, Hat in der Kirche Ave gesungen, Doch ist sie mit einem Messer zur Landstraße gerannt Mit wohl hundert Frauen Mit Mistgabeln, Hacken und Stöcken, In Holzschuhen, Schürzen, Röcken. Da faßte mich dcis Grauen: Sie schrie:"Dem ersten Franzosen, den ich seh', Stoß ich das Messer in den Bauch." Es war das Küchenmesser, Mit dem sie für ihr Kind das Brot abschnitt. So zogen sie in Schritt und Tritt. 5. Da betete ich, noch jung an Jahren,: "Gott, bei uns ist grimme Not, Die Bauernkinder essen Brot - Und es trieft rot." Maria, nimm das Messer aus ihrer Hand, Den sie erstechen will, hat eine Mutter Dort fern im Frankenland. Auch sie trägt den Orden am blauen Band. Jetzt, drei Jahre in Portugal, Bete ich so: "Maria, siehst Du nicht wie Du ernährst Den Aberglauben, da Du doch gewährst Der Unnatur im Menschen Deinen Segen. Sie knien nieder, beichten und genießen Dann die Sünde, huren, stehlen, schießen, Den Rosenkranz in einer Tasche Und in der anderen die Flasche - So steuern sie für sich und andre das Verderben, Der Glaube lebt, die Ethik ist am Sterben. Verroht, verhetzt, die Zukunft zerfetzt. Maria, helfen möcht' ich Dir, Drum sitze ich am Pulte hier." Da klebt der Bursche wieder an dem Fenster. Was hab' ich ihm getan? Ich will denken, ich will schreiben. Bin ich im Wahn? O Himmel, bin ich nicht mehr ich? Ich rufe dich, Als seist du ein lebend'ger Teil Meines Ichs. Als sei mein Heil Von dir abhängig! Ich bin im Wahn, ich bin besessen. Der schnöde Bub hat mich vergessen - Doch klebt er hier am Fenster. Bin ich nicht Herr in meinem Haus? Brauch' frische Luft, nur fort! Hinaus! Seit wann seh' ich Gespenster? Die frische Luft, wie gut sie tut! Die Dame sollte mir den Raben schicken, Der auf dem Turme sitzt und krächzt. Er sollte doch am Fenster klopfen. Liebe Dame, mit Deiner Wundermacht ist's niclit weit her Du Königin des Himmels hast als Hoftroß ein Gesindel! Mein Mitleid würde Dich beleidigen, Dach nicht mein Zorn. Ich will jetzt die Vernunft verteidigen Und geh' zum Baum. Nicht der Rosenkranz sei mein Begleiter. Die Feder ist's. Das Volk, wie's rennt Zur Mulde, wo die Schafe weiden. Ich hoffe, daß mich keiner kennt. Und sie erscheint, heißt's, in der Eiche. Und die öde Mulde voll von Menschen Wie Knochen in einer Leiche. Der Himmel hängt sich über mich Wie eine grau 'reballte Faust, Und Raben tupfen schwarz die Luft. Dies Fatima ist eine Modergruft Für den, der denkt Und der gelenkt von den Gesetzen der Natur. Ob wohl der Gipsfigurenraann Am Baum seinen Gips anrührt, Mit rotem, gelb' und blauem Puder Die Figur beschmiert? Die Wundersucht heckt aus die Handelssucht. Wer läuft jetzt quer durchs Feld? Seine Freundin ist's, die Näherin des Dorfes. Was sich die Zeitung nicht erdreisten kann, Bearbeitet die alte Jungfer Auf den Leisten ihrer Zunge. Ihr Kopf sitzt auf dem Buckel Wie ein zerschrumpfter Riesenapfel, Und Tropfen fallen erbarmungslos, Fallen in den Gnadenschoß Der Mulde. Die Dame dürfte den Besuch vertagen. Die Himmelsleiter ist jetzt klitschenaß, So naß wie ich. Doch kehre ich nicht um. Mein Stolz gebietet mir auszuharren; Ich habe eine heilige Mission: Zu heilen diese Narren. Nichts paßt mehr zum Opium der Suggestion Als Glaubensfron. Heil Maria, voll der Gnaden! Hör' ich's von der Straße, von den Wiesen. Dazu das- Schafeblöken, alles, Alles eingepfercht in Mauerhecken. Holzschuhe und Karren, Ein Holpern und Knarren. Pfützen, Schlamm und Wasserbecken. 6. Ich steige nieder in die Mulde. Von weitem sehe ich den Baum, knorrig, zwerghaft und zerzaust. Was für einen Thron hat sich die Dame ausgesucht? Gibt es nicht Palmen, Gärten, Rosenhecken? Mit Hund und Maultier kommen sie, Das Wunder anzuschauen. Manche standen schon die ganze Nacht - Der Glaube, was für eine Macht! Das Vertrauen wird die Dame ehren, Und Brot und Fische werden sich vermehren. Ich sehe Lucios weißes Kleid von weitem. Da steht auch Francis in geflickter Jacke, Jacinta neben ihm.vDie Schleier tropfen Wie unausgewrungene Tücher an der Wäscheleine. Ich hab' mich durchgequetscht. Mußte Ellbogen benützen. Wer Ideale hat, braucht nicht gnädig Umzugehen mit Gehirnsblöcken. Hier auf der kleinen Höhe, unweit Lucios, bleib ich stehen, Ich geb' der Feder Augen, um zu sehen. Nur nicht zu nah! Möcht‘ niclit mitgerissen werden von dem Massenzorn. Die Neugier ist ein Pfeil auf einem Bogen. Wehe, wenn- die Dame ihn nicht spannt - Dann spannt die Masse ihn. Der Pfeil Schießt los und trifft die Seher. Eine Frau stößt jetzt ihr Kind zum Baume hin, ruft: "Maria, heil mein Kind!" Ich sehe Hände vom Baum Blätter reißen. Der Glaube macht die Blätter zu Balsam Für die Kranken. Ein Mann, der Keucht und hustet, kaut ein Blatt, Was für ein Gnadenfest! Die Blinden bleiben blind, der Buckel bleibt, Und die Tuberkeln wandern Von einer Lunge zu der andern. Einfältige Menschen, die da unterm Baume hocken, Wissen nicht, daß sie den Kommunismus füttern. Meine Feder will erziehen - Seine will zerstören. Sein Blätterwald, was für ein Frohlocken! Ich schreibe von der Armseligkeit Der Sehnsüchte der Welt, Die ohne Logik und Vernunft zerfällt. Da ruft jemand - 's ist Lucies Stimme: "Schließt eure Schirme! Seht, sie kommt!" Solche Zumutung - und das von einem Kind! Und seh' ich recht?» Da steht ein Bursch' im schwarzen Rock, Will wohl Priester werden, neben ihr - ruft: "Ah!" Die Mär von Fatima - zum Lachen und zum Weinen. Wo der Glaube Weiberbrauch, Rutscht die Vernunft in den Priesterbauch. Frauenrock und Priesterwerk, Priesterwort und Frauenmund - Kirche, deine Stunde hat\geschlagen. Träum' ich? Man gehorcht: Die Schirme klappen zu. Hat den Befehl ein Feldwebel gegeben? Das Ave ist verstummt, doch in der Luft kreischt's wild. Da wimmelt es von Spatzen, Raben, Krähen. Sie sausen durch die Luft, wie Pfeile abgedrückt. Sie fliegen hin zum Meer, dem Westen zu. Ich hör' ein tieTes "Ah! Ein Mann steht neben mir. Dreht seinen Zipfelmützenkopf nach Osten. Bin ich verrückt? Ein roter Riß im Hegendunst. Ist's ein Blitz, ein Wetterleuchten? Da rundet sich ein Ball aus Wolken, Glänzt und glitzert, schwebt jetzt auf die Mulde zu. Gleitet über die gereckten Köpfe hin zum Baum Und läßt sich auf die feuchten, blätterarmen Äste nieder. EinZweig gibt nach und schimmert schwach. Nennt man das Wunder, ich kann's nicht fassen. Und ist's ein Wunder, darf man es hassen? Ist der Mensch denn so beschränkt, Glaubt nur, was er selber denkt? Lucie blickt hinauf, spricht in den Baum. Die Dame scheint sich mit dem Kind zu unterhalten. Wüßt' ich nur was, und wenn ich's wüßte - Die Lust zum Schreiben ist mir vergangen. Mir ist's, als wäre ich gefangen. Von wom? Ist's Massensuggestion? Ich höre Lucies Stimme. Sie hebt die Hand, Als trüg' sie eine Bitte vor. Und neben ihr kniet eine Krau mit schwarzem Tuch Und betet. Lucies Mutter. Seit wann glaub‘ ich an Zauberei? Und das von einem Bauernkind? Ein Schrei: "Wir sind ja trocken!" Es ist der Schmerbauch neben mir. Er kniet und weint. Und seine Zipfelmütze scheint Und tropft nicht mehr. Alles scheint und glitzert, ' Trocken bin ich auch. Ich fühle, jemand starrt auf mich. Ich folg' dem Blick. Wie fürchterlich! Der Lausbub ist's. Er grinst. Und hält den Rosenkranz hoch in die Luft. Wo sind die Wolken hin? Ein Duft liegt auf der Mulde. Fort der Geruch von Bauch und Bier. Und ich bin hier. Hat die Dame mir den Bub geschickt? Ich bat doch um den Raben! Ist ihre Gnade voller List? Nicht durch den Raben will sie mich belehren. Sie wählt den Widersacher, um mich zu bekehren. Ist der Mensch nichts als der Vorsehung Gefüge? Der freie Wille nur ein Ammenmärchen? Ist dunkel die Vernunft und hell der Glaube? Wo hört die Wahrheit auf und wo beginnt die Lüge? 7. "Schaut da, sie geht!" ruft Lucie. Und wieder macht sie mich zum Zeu-gen. Seh1 nacheinander sich die Aste beugen, Als schreite drauf ein leichter Fuß. Mir ist's, als glimme da der Saum der Wolkensclileppe. Auf den Ästen liegt ein Purpurschein. Ein Spitzenschleier glitzert, schwebt vom Baum, Entfaltet sich zu weißem Wolkentraum. Das Bild zerrinnt, verweht - Und Lucie im Gebet: "Maria voller Gnaden!" "Schaut euch die Sonne an", ruft Lucie. Doch hier die Frage, darf ich mir selber untreu sein Und zu mir sprechen:"Willi, Du lebtest doch bisher in drei Dimensionen, Du wächst hinein in höhere Ebenen, Wenn du glaubst?" Was soll ich glauben - an Maria? Gott spiegelt sich in der Materie wieder. So winzig das Atom, es ist gesetzgebunden, So sind die vielen Sonnen, so der Mensch. Nenn's Glauben, Suggestion, nenn's Parapsycho. Es kann nicht feindlich dem Gesetze sein. Das nachzuprüfen, zu erforschen Macht mich zum Ebenbild des Schöpfers. Kann ein Geist sich den Gesetzen feindlich stellen, Sie verwerfen, sie wie Bäume fällen? Naturgesetze haben Logik und Substanz - Die Farbenschau, ich will sie gern bejahen, Da meine Sinne zuverlässig sind. Doch flößt der Urheber der Schau mir Argwohn ein, Aber unberührt bleibt die Substanz der Dummheit, Steine, Hunger. Die Blinden bleiben blind, die Lahmen lahm - Und morgen ist's, als ob sie niemals kam. Und doch, ich sehe es mit eig'nen Au^gen, Und tausend Hände zeigen in die Luft. Ich werde Zeuge eines Farbenspiels Und über allem wunderbarer Duft. Getaucht ist die Natur in Farben, schillernd gelb und rot und blau, Die Menschen tragen auf den müden Schultern Regenbogen. Wie gold'ner Samt, so leuchtet jetzt die Schäferwiese. Mir ist, als tupfe bunt ein unsichtbarer Riese Den Wald am Hang: Die Wipfel wiegen sich in gold'nen Wogen. Und doch, wenn ich es richtig überdenke Mit nüchternem und klarem Geist, Wo ist die Macht, die sagt: "So ist's!" Und mir die Wirklichkeit beweist? Welch eitle Farbenschau! Was heute ist, ist morgen sclion vergessen! Was bleibt? Die dürre Mulde, wo die mageren Schafe weiden. Was krank, verkrüppelt, alles kam zum Gnadenfest, Doch ohne Gnade. Blinde bleiben blind, sie läßt Dem Buckligen den Buckel hinten, läßt die Armen leiden. Wohl deckte sie den Riesentisch gar bunt, doch wer kann Farben essen? Hier steh‘ ich, selbst wenn das Wunder auf dem Glaubensbaume wuchs Seit tausend Jahren, frage jetzt: "Hat nicht der Teufel Macht, Als Wolkenjungfrau auf dem Baume zu erscheinen?" Und müßt' ich nicht in Sack und Asche gehen, weinen Und rufen vor dem Wunderbaum: "O Fatima, die Nacht ist angebrochen, deine Jungfrau war der schwarze Fuchs. Trägt dies Phantom Mariens Züge, Beweist's! Sonst ruf ich von den Dächern: 'Lüge!'" Doch was ist das? Aus Wolken fährt ein Blitz, Ein Blitz, so furchtbar, alles steht erstarrt, kein Donner folgt. Wurd‘ er vom Teufelssitz geschleudert, werden wir genarrt Von einer launischen Natur, O Gott? Was ich jetzt sehe, hilft weder Hohn noch Spott. Löst sich die Sonno nicht vom Himmel? Ist das bleiche Rad verhext? Dreht sich wild und weiß, Wird wieder feurig, lodert, brennt, Die Münder aufgerissen, verstummt der Ave-Tcxt. Mir wird es kalt und heiß. Die Sonne rennt, Mir scheint, nun hin zum Baum, Sie ist jetzt über mir, Sie gleißt, ein siedend Blei. O Gott, warum kam ich hier? Zu spät, es ist vorbei. Ich kam nicht her, um auf die Knie zu fallen, Um Ave mitzulallen. Ich kam doch her der Wahrheit wegen Und ernte Fluch statt Segen? Das brennende Zyklopenauge haßt Mein Stehen. Bin ich unerwünschter Gast? 8. Ja, das Blutgesicht hat mich erwählt in unfaßbarem Wahn, Wieder rast's mit Purzelbäumen durch den grauen Dunst, Brennend rollt es näher, walzt die Wolken, stampft, Der Himmel scheint zu kochen und verdampft Die Wolken, über mir ist alles rot. Ist das mein Tod? Näher rollt die Feuerwalze. Viele recken hoch die Arme, Um den Prall zu brechen; andre schlagen an die Brust. Ich seh', wie eine Frau ihr Kind zum Baume stößt, Lucie soll es schützen. Kein Schutz für mich! Bin unerlöst. Soll wohl auch zum Baume kriechen, um der Herrscherlust des Glaubens zu genügen. Soll ich beten? Reich mir Deine Hand und führ mich aus der inn'ren Dunkelheit! Santa Virgine, ich bin bereit! Keine Antwort. Einsam in der Menge, freundlos steh' ich da. Lucie betet. Soll ich zu ihr schleichen? Wüßt' ich nur: Ist's der Mensch, die Seele oder Schuld, was stirbt? Angst vorm Tod erniedrigt und verdirbt. Ich fühl's, bald steht der Zeiger still an meines Lebens Uhr. Soll ich an die Brust mir schlagen, wie ich's bei andern sah? Würd' ich nicht an der Vernunft Verrat begehen? Ich gehe nicht zum Baum. Ich bleibe stehen. War es denn Sünde, von der Wolkenfrau ein Zeichen zu verlangen? Ich sagte:"Bring einen Schimmer In mein Zimmer, Und ich will glauben." Ich sagte:"Laß den Raben hoch am Kirchturm An mein Fenster klopfen, Und ich will glauben." O Himmel, mir wird's unverbrüchlich klar! Du hörtest mich! Der freche Bube war Dein Bote. Ich dachte, die Vernunft hält' mich gesandt. Es war'n die schwarzen Augen dieses Schelms am Fenster. Statt in Hohn mich zu verzehren, Soll ich mich bekehren. Mariens Wunderhand Hat mir den Bub gesandt. Wollt' sein Erzieher sein. Zu Tod gehetzt Steh' ich beim Baum. Mir ist's, als stand ich vor Gericht. Soll ich um Mitleid bitten? Bleibt mir nichts mehr als dies Gebet? Wie schwer wiegt die Vergangenheit, Was für ein Gewicht hat die Vernunft, Wird man in eine andre Dimension gezogen? Die Sonnenscheibe rollt, ein glühend Rad, Rollt aul mich zu. Alles um mich kniet, liegt nieder, betet. Könnt' ich nur fort! Wohin? Zu spät! Ich sinke nieder. Laß mich nicht sterben, Gott, nicht sterben! Ich glaube an das Wunder! Träume ich? Die Sonne fällt nicht mehr. Um mich ist's leer geworden, Die Mulde liegt in Frieden da, der Himmel still und blau. Und ich lebe, fühle noch mein Fleisch, mein Bein. Fort nach Haus'! Ich hole die Soldaten ein, Die schleppen betend auf der Bahre die gelähmte Frau, Hole ein den Herrn zu Pferd, Prozessionen, Hungerhordon Mit dem Packtier und die Blinden, Tauben: Hab' gemein mit ihnen jetzt den Glauben. Ward ich gedemütigt? Wohin ging die Vernunft? Ich ein denkend Wesen - ist das möglich? Ich wollt' die Trauerrede für das Wunder schreiben. Jetzt schreib' ich sie für die Vernunft. Ich wurd' hierhergelockt von einem Burschen. Er ward benutzt von einer höh'ren Kraft. Er, ein Instrument der Sünde, wurd' benutzt Als Instrument des .Glaubens. Soll ich es nennen Verschlagenheit der Gnade Oder Gnade der Verschlagenheit? 9. Ich bin zu Haus! und sink' in einen Stuhl. Was ist mit mir geschehen? Ich bin doch nicht ein Teil der Masse, Die schreit aus ihrem Sündenpfuhl Nach Wundern. Sie haben nicht gesehn Und glauben. Wie ich das hasse! Bin ich nicht ich? Verlor ich die Vernunft Und war ein Massenteil der Glaubenszunft? Und doch ist's wahr. Ich ging mit der Vernunft zum Baum, Mit der ich jetzt am Schreibtisch sitze. Sie hat die Sonne doch erlebt! Das war kein Gaukelspiel, kein Traum, Die Glut, die Kälte, wieder Hitze, Ich hab' gezittert und gebebt. Und das bin ich, der jahrelang geübt Die Logik, rationales Denken. Und das Wunder ist gekommen, mich bloßzustellen, mich zu kränken. O Einsamkeit, du bist die Spanne vor dem Tod, wie fremd Blickt mich der Schreibtisch an, wo ich die Spötterhand so oft erprob Wie fremd die Bilder an dor Wand. Mir ist's, als war mir nichts zu eiqftn als mein Totenhemd. Mit der Vernunft zog ich zum Wunderbaum, hab' gespottet, habä gelacht Und jetzt wird's um mich Nacht. Ich hab' im Schlamm gekniet, was für ein Fallen? Mein Spöttermund versuchte, das Ave mitzulal.len. Was für ein Zusammenbruch! Ich wollte andre Menschen nach meinem Bildnis kneten: Den Gipsfigurenmann, die Näherin, den Bengel, Der seine Nase plattgedrückt an meinem Fenster. Hielt sie für Gespenster Des Aberglaubens, die da beten Und denken, sie wär'n jetzt Engel Vor Gott und den Menschen, Und sehe nicht den Balken im eig'nen Auge. Die Kranken und Gehetzten, die Sünder und die Frommen, Sie alle, alle kommen Nach Fatima, zu knien und zu beten. Ich komme, seh’ und lächle. Die Zunge trieft von Spott. Was für ein Massengott: Muß man ihn nicht verdammen und zertreten? Wie sie doch saufen, huren, dann in falschen, seichten Gefühlsausbruchen beichten, Den bunten Gipsfiguren Kerzen weihen. Der Beichtstuhl und Maria: Moralische Blitzableiter. Sie stehlen, huren weiter. Der Massengott der Kirche wird's verzeihen. Doch wer bin ich, daß ich den Dolch des Hohnes zücke Und reiß in tausend Stücke Der Hoffnung letztes Hemd? Bin ich nicht grausam, überheblich, selbstgerecht, Mein eig'ner Gott denn schlecht, Die Liebe ihm ganz fremd? Vernunft, die keine Liebe kennt, Treibt auseinander, trennt. O Einsamkeit: Im Leben hat der Mensch die eine Hälfte, nur Die andre Hälfte findet er auf seinem Sterbebette. Ist sie des Teufe?.s, ist sie für den Himmel? Keine Vernunft gibt Antwort. Ich lach‘ nicht mehr, ich weine. Ich glaubt an die Vernunft, die irdsche Hälfte. Erbarmen rette Das Ewige, tilg aus in meinem Lebenssand die irdsche Spur! Die Spaltung durch Vernunft, welch Seelenharm: Was sind wir ohne Glauben arm...arm... arm... Gott ist das große Ahnen. Er läßt sich nicht erdenken, Noch sich durchs Wort bemühen. Er läßt sich nur erspüren In Einsamkeit und Demut. Da fängt es an zu glühen. Tief innen in der Seele Fülltfs sich mit Lichtgestalten, Und unsagbare Liebe Die spürst du sich entfalten. Wilhelm Hermanns [G145] Maria und der SpötterNavigation durch Gedicht Abschnitt:
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